Juristin Philomena Colatrella: Seit über 20 Jahren bei der grössten Schweizer Krankenkasse.
Juristin Philomena Colatrella: Seit über 20 Jahren bei der grössten Schweizer Krankenkasse.
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«Man muss Fehlanreize eliminieren und unser Gesundheitssystem effizienter machen»

Sie leitet eine der grössten Krankenkassen der Schweiz. Philomena Colatrella sagt, wie man Prämien senken kann, was sie von der Schliessung von Regionalspitälern hält und wie sie persönlich fit bleibt.

Seit über 20 Jahren bei der grössten Krankenkasse

Die Juristin Philomena Colatrella arbeitet seit 1999 bei der CSS. Zu Beginn war sie als Rechtsanwältin, später als General Counsel und Compliance Officer tätig. 2012 wurde sie zur Generalsekretärin und stellvertretenden CEO der CSS Gruppe ernannt. Vier Jahre später übernahm sie den Vorsitz der Konzernleitung.

Das Interview mit Philomena Colatrella

Frau Colatrella, seit sieben Jahren führen Sie die CSS. Wie halten Sie sich gesund?
Philomena Colatrella: Ich lese viel, improvisiere hier und da am Klavier und treibe gern Sport, jogge, spiele Tennis und wandere leidenschaftlich gern.

Was bedeutet Ihnen Gesundheit?
Gesundheit ist ein wertvolles Gut. Das wird einem immer dann bewusst, wenn es einem selbst oder anderen nicht gut geht. Darum ist es mir wichtig, einen Beitrag zu leisten zu einem guten und bezahlbaren Gesundheitssystem in unserem Land.

Mit einer Gesundheitsinitiative und zwei digitalen Portalen will die CSS ihre Kundinnen und Kunden zu einem gesünderen Lebensstil verhelfen. Was bringen diese Programme?
Sie motivieren mit einfachen Übungen, sich zu bewegen und Bewegung in den Alltag zu integrieren.

Trotz Präventionsmassnahmen vieler Krankenversicherer ist das Schweizer Gesundheitssystem krank. Die Prämiensteigen 2024 erneut stark an.
Die Versorgung ist gut, aber zu teuer. Das ist sie aber nicht primär deshalb, weil wir alle älter werden, sondern weil die Fehlanreize ins Geld gehen, und wir das Potenzial der Digitalisierung zu wenig nutzen.

Das ist die Diagnose. Welche Therapie empfehlen Sie?
Im Gesundheitswesen herrscht Überversorgung. Deshalb sind alternativen Versicherungsmodelle wirksam, bei denen der Hausarzt als Coach und Koordinator die Patienten führt und auch einmal sagt, dass eine Behandlung nicht sinnvoll ist.

Damit eine Therapie erfolgreich ist, muss der Patient willig sein und diese unterstützen. Woran scheitern all die Bemühungen, die Gesundheitskosten zu bremsen?
An den gegensätzlichen Interessen und am Föderalismus, obwohl ich diesen im Grundsatz befürworte. Die Koordination zwischen Bund und Kantonen, den Kassen und Leistungserbringern ist komplex und macht das System ineffizient und träge.

Was fordern Sie von der Politik?
Die Umsetzung der laufenden Reformen. Das heisst, die Einführung des neuen Arzttarifs Tardoc als Ersatz des veralteten Tarmed. Die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen, um Fehlanreize im stationären Bereich zu eliminieren, die integrierte Versorgung und die Digitalisierung. Bei Letzterer ist das Hauptthema das Patientendossier, auf das wir schon viel zu lange warten.

Die Zürcher Regierungsrätin Natalie Rickli hat auch über eine Abschaffung der Grundversicherung nachgedacht. Wäre das eine gute Lösung?
Nein. Was folgt, wäre eine Zweiklassenmedizin. Menschen mit geringem Einkommen würden bei der Versicherung sparen und hätten keine oder eine ungenügende Versorgung, wenn sie krank werden. Man muss die Fehlanreize eliminieren und das System effizienter machen.

«Fünfzig Prozent unserer Kunden, die sich kostenlos eine Zweitmeinung einholen, entscheiden, sich nicht operieren zu lassen.»

Müsste der Bundesrat das Patientendossier und dessen Umsetzung anordnen?
Es wäre gut, wenn der Bundesrat Standards festsetzen und anordnen würde, dass sämtliche Beteiligten das elektronische Patientendossier verwenden müssen. Derzeit müssen zum Beispiel Ärztinnen und Ärzte noch nicht mitmachen. Ein Problem ist auch, dass es für Nutzer schwierig ist, ein Patientendossier einzurichten. Ich habe das selbst online versucht und bin gescheitert.

Was erhoffen Sie sich vom Nachfolger von Gesundheitsminister Alain Berset?
Mut, um Innovationen zur Kostendämpfung möglich zu machen. Dass die Reformen rasch umgesetzt werden, schnelle Entscheide gefällt werden und die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorangetrieben wird.

Noch steigen die Kostenmunter weiter – ebenso die Prämien. Auch die Reserven der Krankenkassen sind langsam aufbraucht. Droht bald ein Zusammenbruch unseres Gesundheitssystems?
Nein. Die Branche verfügt einstweilen auch nach dem Abbau der Reserven insgesamt über genügend Eigenkapital. Wie das nach der anstehenden Prämienrunde ausschaut, ist eine andere Frage.

Zur Kostensteigerung trägt auch bei, dass zu viel operiert wird, obwohl das nicht immer zwingend notwendig ist. Was kann dagegen unternommen werden?
Das Wichtigste ist die Patienteninformation. Das Angebot für Operationen ist in der Schweiz sehr hoch. Darum ermutigt die CSS ihre Versicherten, kostenlos eine Zweitmeinung einzuholen. Fünfzig Prozent unserer Kunden, die das tun, entscheiden, sich nicht operieren lassen.

Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?
Dass man Operationen hinterfragen soll, zumal sie hohe Kosten verursachen.

Ein wichtiger Kostentreiber sind die Spitäler. Müsste man Regionalspitäler schliessen, um die Kosten zu senken?
Regionalspitäler sind nicht zwingend teurer. Man sollte vielmehr Operationen und Behandlungen auf jene Spitäler konzentrieren, die genügend Fallzahlen und die nötige Infrastruktur haben, und die wirtschaftlich arbeiten. Im Spitalbereich hat noch keine echte Konsolidierung stattgefunden.

Ein Problem ist auch, dass viele statt zum Hausarzt direkt ins Spital oder zu Fachärzten gehen.
Das stimmt. Darum ist es wichtig, dass man die integrierte Versorgung stärkt. Gemeint sind die alternativen Versicherungsmodelle, wo der Hausarzt oder der Telemediziner die Behandlung koordiniert. Siebzig Prozent unserer Kundschaft ist bereits in diesen Modellen versichert.

Welchen Beitrag leisten Sie als Krankenversicherer, damit die Kosten und die Prämien nicht weiter steigen?
Wir haben zwei Hebel, um die Kosten zu beeinflussen. Zum einen machen wir eine rigide Leistungskostenkontrolle. Wir prüfen 25 Millionen Rechnungen pro Jahr und haben die Automatisierung erhöht, um die Kosten im Griff zu behalten. Im letzten Jahr haben wir damit 743 Millionen Franken an ungerechtfertigten Kosten verhindert. Und zweitens engagieren wir uns, damit unsere Verwaltungskosten tief bleiben. Die CSS gehört zu den effizientesten Krankenversicherungen der Schweiz.

Die CSS versichert über 1,6 Millionen Menschen und ist in der Grundversicherung Marktführerin. Was unternehmen Sie, damit Sie angesichts steigender Prämien nicht Kunden an die Konkurrenz verlieren?
Wir wollen die Prämienlast so gering wie möglich halten. Darüber hinaus ist es wichtig, dass man als Versicherer verlässlich ist, einen guten Kundenservice und bedürfnisgerechte Produkte und Dienstleistungen anbietet. Wir haben eine hohe Loyalität und investieren viel in die Kundenbindung.

Im letzten Jahr ist der Gewinn der CSS wegen der gestiegenen Kosten auf die Hälfte zurück gegangen. Droht in diesem Jahr eine weitere Gewinnerosion?
Wir möchten den Gewinn auf dem bisherigen Niveau halten. Die Nachfrage ist im Zusatzversicherungsgeschäft gut.

Wo sehen Sie für die CSS Wachstumspotenzial?
Wir streben Kundenwachstum mittels innovativer Produkte etwa im Bereich der Zusatzversicherungen an. Diese sollen modularer werden und Mehrleistungen beinhalten, die in der Grundversicherung nicht abgedeckt werden – zum Beispiel neuartige Therapien und Medikamente.

Die CSS betreibt 98 Agenturen: Werden Sie dieses Netz weiter ausbauen?
Die Nähe und die persönliche Ansprache zu den Kunden sind uns wichtig, in der ganzen Schweiz und auch in den Randregionen. Wir planen jedoch, weder Agenturen auszubauen noch abzubauen. Vielmehr sind wir daran, die Agenturen zu modernisieren.

Wird es im Markt der Krankenversicherer zu einer weiteren Konsolidierung kommen?
Ja. Die aufsichtsrechtlichen Auflagen und die Digitalisierung führen dazu, dass es zu einer weiteren Konsolidierung bei den Krankenversicherern kommen wird. Wir haben in der Schweiz zurzeit 31 Krankenversicherer. Diese Zahl wird sicher sinken.

Wie stark?
Ich erwarte, dass wir in zehn Jahren nur noch 15 bis 20 Krankenversicherer haben. Den Versicherten bringt dies aber nur einen Vorteil, wenn Kassen integriert und Synergien genutzt werden, damit die Kosten sinken und eine moderate Prämie daraus resultiert.

Die CSS wurde 1899 unter dem Namen Christlich Soziale Schweiz als Selbsthilfeorganisation gegründet. Heute ist die CSS ein Grossunternehmen mit 2700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Was ist vom ursprünglichen christlichen Engagement geblieben?
Wir sind heute konfessionell neutral. Geblieben sind aber die Werte: Solidarität, Subsidiarität und Eigenverantwortung. Das ist stark bei uns verankert.

Wie leben Sie als CEO dieses Engagement?
Konsequent. Unsere Werte manifestieren sich in unserer Unternehmenskultur und unserem Ziel, ein bezahlbares Gesundheitssystem zu erhalten.

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Dieser werbliche Beitrag wurde von CSS Kranken-Versicherung AG, erstellt. Er wurde von Commercial Publishing, der Unit für Content Marketing, die im Auftrag von 20 Minuten und Tamedia kommerzielle Inhalte produziert, für die Publikation aufbereitet, wobei die Haftung für Inhalte (Wort, Bild) und externe Links bei CSS Kranken-Versicherung AG, liegt.