Urban Räber, hier an den Biermeisterschaften ist Experte für zwei der beliebtesten Flüssigkeiten überhaupt: Wasser und Bier.
Urban Räber, hier an den Biermeisterschaften ist Experte für zwei der beliebtesten Flüssigkeiten überhaupt: Wasser und Bier. (Eliane Beerhalter)
Bildung

Botschafter des Genusses

Für immer mehr Lebensmittel gibt es ausgebildete Expertinnen und Experten mit profundem Fachwissen zu Tee, Brot, Bier, Käse, Fisch oder Spirituosen. Urban Räber hat sich auf Wasser spezialisiert.

Denise Muchenberger

Sommeliers und Sommelières werden längst nicht nur in der Weinexpertise ausgebildet, es gibt sie mittlerweile als Expert*innen für verschiedene flüssige und feste Genussmittel, wie etwa Brot oder Käse. Vor allem die gehobene Gastronomie, Gesundheitskliniken und Wellness-Resorts setzen immer mehr auf spezifisches Fachwissen, um ihren Gästen einen zusätzlichen Mehrwert zu bieten. Wie entscheidend etwa die Wahl des richtigen Mineralwassers sein kann, hat Urban Räber aus Chur nachhaltig beeindruckt. Der 30-Jährige hat sich 2018 im Rahmen eines Pilotprojektes zu einem der ersten Wassersommeliers der Schweiz ausbilden lassen. Ein Jahr zuvor hatte er den Biersommelier abgeschlossen.

Für ihn geht die Faszination für flüssige Lebensmittel bis in die Kindheit zurück – und hat auch seine Studienwahl beeinflusst, sagt Räber: «Nachdem ich die Maturaarbeit über Gärungstechnologien beim Bier geschrieben habe, ging ich nach München, um dort Brau- und Getränketechnologie zu studieren.» Das Studium sei enorm vielseitig gewesen, flüssige Lebensmittel wie Milch, Kaffee oder Tee wurden neben Wasser und Bier unter die Lupe genommen, sensorisch bewertet und die Inhaltsstoffe analysiert. Nach einer Vorlesung, in der es ausschliesslich um Mineralwasser ging, hat Urban Räber angefangen, sich verstärkt mit Mineralwässern auseinanderzusetzen.

(zvg)

Er hat diverse Flaschen besorgt, sie zuhause degustiert und die Mineralien der verschiedenen Wasser miteinander verglichen, und so auch ein Sportwasser oder ein Anti-Kater-Wasser für sich gefunden. Nach einer durchzechten Nacht war das Aha-Erlebnis gross: «Der Körper wurde dank der Mineralienzusammensetzung genau mit jenen Nährstoffen versorgt, die er nach dem Feiern benötigte», sagt Räber.

Von sauer bis umami

Nach dem Studium zog es Urban Räber zurück in die Schweiz, wo er bei einem Getränkeproduzenten als Prozessingenieur startete und dort mitunter seinen Fokus auf die Wasserqualität legte. «Wasser ist die Basis von jedem Lebensmittel. Mit der richtigen Wahl kann man die Qualität und den Geschmack entscheidend beeinflussen.» 2018 hat er sich dann für das sechstägige Wassersommelier-Seminar angemeldet und sich zusätzliches Wissen angeeignet.

«Wer auf den Mineralgehalt achtet, kann den Körper im Alltag bei seinen Funktionen wesentlich unterstützen.»

Es ging um die Sensorik, aber eben auch um das optimale «Pairing», also welches Mineralwasser zu welchem Wein oder zu welchem Gericht passt. Bei der Empfehlung werden mehrere Aspekte berücksichtigt, sagt Räber: «Wir achten einerseits auf die Mineralien und natürlich auch auf die Perlage», sagt Räber. Weiter geht es auch um die Geschmacksvorlieben, ein Wasser kann eher sauer oder salzig, bitter, süsslich oder umami schmecken. Es ist eher ölig respektive schwer, wenn es viele Mineralien enthält, leichte Mineralwasser mit wenig Sprudel sind ideal bei schweren und salzreichen Speisen.

Humanphysiologische Aspekte

Als Wassersommelier den Lebensunterhalt zu verdienen, ist in der Schweiz schwierig. Urban Räber arbeitet deshalb hauptberuflich als Standortleiter bei einer Bündner Mineralquelle. Daneben hat er sich eine eigene Getränkegenuss-Firma aufgebaut und bietet dort auch Schulungen respektive Bier- und Wasserverkostungen an.

Ausbildung Schweiz

Die Weiterbildung zum Wasser-Sommelier respektive zur Wasser-Sommelière umfasst sechs Seminartage und kostet 2300 Franken. Wer die dreiteilige Prüfung (mündlich, schriftlich, sensorisch) besteht, erhält ein Zertifikat und kann beispielsweise in der Gastronomie/Hotellerie, in einem Alters- und Pflegeheim oder im Spital, im Getränkehandel oder in einem Wellnessresort arbeiten.

Gerade in der Schweiz, dem Wasserschloss Europas, sei das Bewusstsein für das gesundheitsfördernde Potenzial von Mineralwässern noch ausbaufähig. «Wer auf den Mineralgehalt achtet, kann den Körper im Alltag bei seinen Funktionen wesentlich unterstützen.» Wer beispielsweise schnell einen nervösen Magen hat, wählt ein Wasser mit Hydrogencarbonat. Ein hoher Magnesiumgehalt unterstützt Sportlerinnen und Sportler bei der Regeneration.

Wichtig zu ergänzen: Mineralwasser unterscheidet sich klar von Tafel- oder Sodawasser. Mineralwasser wird direkt an einer Quelle abgefüllt, es enthält keine Zusätze – ganz im Gegensatz zu Tafel- oder Sodawasser, das oft noch transportiert und zusätzlich aufbereitet wird. «Wenn man bedenkt, dass unser Wasser unzählige Jahre durch Gesteinsschichten fliesst, in der Tiefe gefiltert wird und auf seiner Reise etliche Mineralien und Spurenelemente aufnimmt, ist das doch ein faszinierendes Lebensmittel, das sich leicht in den Alltag integrieren lässt.»

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